Kosten & Nutzen

IT-Betriebskosten – senken mit Sinn und Verstand

von David Warren

In der Krise stehen vermeintlich einfache Lösungen für das IT-Cost-Cutting hoch im Kurs. Jedoch haben sie auch einen hohen Preis, etwa für den IT-Betrieb. Drei entscheidende Fehler müssen vermieden werden, damit IT-Manager die Ausgaben wirkungsvoller und nachhaltiger priorisieren.

 

Der Aderlass war über seit dem Altertum eine Best Practice zur Heilung kranker Menschen. Als sich wissenschaftlich abzeichnete, dass die Therapie kaum einen Nutzen hat, vergingen noch gut zwei Jahrhunderte bis zu ihrem Ende. Selbst der österreichische Kaiser Leopold II. soll innerhalb von 24 Stunden viermal zur Ader gelassen worden sein – am Tag vor seinem Tod im Jahre 1792.

Auch heutzutage verfolgt die Wirtschaft in schwierigen Zeiten eine ähnliche Strategie wie den Aderlass – das Sparen um jeden Preis. Davon betroffen ist auch die IT-Organisation. Angesichts der vielen ökonomischen Herausforderungen wie Inflation, Disruption und der gedämpften Nachfrage ist das sicherlich kein Wunder, zumal die Kosten und Preise für IT-Ausgaben kräftig gestiegen sind. Strategische Software-Lieferanten haben ebenso an der Preisschraube gedreht wie Saas-Anbieter, Chiphersteller oder Cloud-Provider. Diese Entwicklungen werden sich auch in Zukunft fortsetzen, denn im Gegensatz zur Inflationsrate werden die IT-Kosten nicht wieder sinken.

Prognosen für IT-Kosten 2024

In unserer jährlichen Umfrage zur IT-Agenda haben wir IT-Manager auch zu den erwarteten Kostensteigerungen für 2024 befragt. Spitzenreiter sind Applikationen, bei denen die Studienteilnehmer von einem Anstieg um 8,15 Prozent ausgehen. Bei den Tagessätzen für externe Berater beläuft sich die Kostenprognose für 2024 auf ein Plus von 6,97 Prozent. In den Bereichen Workplace, Netzwerk, Infrastruktur sowie bei den Gehältern der IT-Mitarbeitenden beziehungsweise den Freelancer-Tagessätzen liegt der prognostizierte Anstieg der Kosten und Preise zwischen fünf und sechs Prozent.

 

 

Vendor Lock-in bei IT-Lieferanten

Allerdings ist es gefährlich, die IT-Kosten schnell und pauschal mit dem Aderlass senken zu wollen, um Vorgaben zu erfüllen. Ein rigoroser Einschnitt mag zwar in der nächsten Bilanz gefallen, doch mittelfristig kann er das Überleben gefährden. Schließlich entfällt ein Großteil der IT-Ausgaben auf den Betrieb der Systeme. Wer hier die falsche Ader öffnet, läuft Gefahr, die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu schädigen – weil der Wertschöpfungsanteil der IT an den zentralen Prozessen vieler Organisationen inzwischen sehr groß ist. Die drei größten Fehler sind sind:

  • Wer den Rotstift pauschal oberhalb des IT-Operations-Kerns ansetzt, schnürt den Spielraum für künftige Optimierungen ein. Vor allem dann, wenn strategische Abhängigkeiten von Technologiepartnern und hohe Wechselhürden bestehen. In diesen Fällen treffen spontane Kürzungen in den IT-Ausgaben primär Bereiche, auf die man vermeintlich einfach verzichten kann. Jedoch rücken dadurch verstärkt IT-Vorhaben, mit denen ein Unternehmen zukunftsfähig werden kann, auf die Abschussliste.
  • Bei den Optimierungsbemühungen verweisen Berater gerne auf vermeintlich offensichtliche Stellschrauben im IT-Betrieb, mit denen Kosten gesenkt werden sollen. Nachdem die einfachen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, bleibt durch Wiederholungen des gleichen Ansatzes jedoch nur noch wenig Potenzial für weitere Verbesserungen. Sollen dann wieder neue Einsparziele erreicht werden, geht es unweigerlich an die Substanz – die Risiken im IT-Betrieb steigen.
  • Zudem entwickelt die IT bei anstehenden Sparmaßnahmen leicht einen Fokus nach innen und auf ihre Wertschöpfungsketten. Das Nachsehen haben die Kunden (Stakeholder), denn sie werden meist – undiplomatisch – mit den Ergebnissen des Cost-Cuttings konfrontiert. Abgesehen von der sich verschlechternden Beziehung zueinander besteht die Gefahr, dass Stakeholder von IT-Entscheidungen betroffen sind, die gravierende Auswirkungen auf ihre geschäftlichen Ergebnisse haben.
IT- und Business-Strategie im Einklang

Um diese Herausforderungen zu überwinden, ist ein integrierter Ansatz gefragt, der eine Benchmark-Analyse der IT (Wo stehe ich?) mit der Strategie des Unternehmens und der Stakeholder (Wo will ich hin?) abgleicht. Das Kosten-Assessment kann sich dann auf Bereiche konzentrieren, die wirkungsvolle Einsparungen mit geringen Nebeneffekten versprechen. Ergebnisse der Analyse werden in einen Maßnahmenkatalog einschließlich Umsetzungsfahrplan überführt, der an alle Interessengruppen zurückgespiegelt und abgestimmt wird. So lassen sich IT-Kosten entlang der strategischen Unternehmensausrichtung gezielt optimieren.

Einsparpotenzial suchen und nutzen

Best-in-Class-Organisationen können es beispielsweise schaffen, den Anteil für IT-Betriebsverbesserungen auf über 15 Prozent zu steigern und für den Kern unter 70 Prozent zu senken. Mit Simulationen lässt sich zeigen, an welchen Stellen das größte Einsparpotenzial liegt und wie andere Unternehmen vorgegangen sind. Dabei geht es nicht nur darum, Lieferantenpreise pauschal zu drücken, sondern diese auch an den realen Anforderungen der eigenen Kunden auszurichten. Wer hingegen in der Krise versucht, Entscheidungen zu forcieren und Handlungsspielraum durch Einschnitte zu gewinnen, erreicht meist das Gegenteil dessen, was ursprünglich beabsichtigt war.

 

David Warren

David Warren

David ist Managing Consultant im Vereinigten Königreich, seine Erfahrungen in exzellenten Benchmark- und IT-Beratungsprojekten reichen weit zurück. Als Kunde, Lieferant und Consultant hat er sich einen umfassenden Überblick über die IT-Landschaft erarbeitet.

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